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ist die Ausstellung zur AfterworkKH bis
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Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung
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80333 München
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Jean Dubuffet

Ein Leben im Laufschritt
19. Juni – 13. September 2009

Die umfangreiche Retrospektive zu Jean Dubuffet zeigte über 150 Gemälden, Papierarbeiten und Skulpturen. Bis auf zwei Präsentationen in der Grafischen Sammlung in München (1966 und 1983) wurde dem Künstler im süddeutschen Raum zuvor keine Ausstellung gewidmet. Daher war es höchste Zeit, Jean Dubuffet (1901-1985) in München erstmals in einer groß angelegten Retrospektive dem breiten Publikum vorzustellen. Sein Werk »im Laufschritt« zu präsentieren, entsprechend dem Titel seiner kurz vor seinem Tod verfassten Autobiografie, war der Versuch einen Eindruck vom geistigen Tempo dieses Künstlers zu geben, welcher weit mehr war als ein Maler und Bildhauer, nämlich gleichermaßen Schriftsteller, Dichter und Philosoph.

high and low culture 

Jean Dubuffet ist einer der wichtigsten Impulsgeber in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Seine Vermittlerrolle zwischen der Poesie eines Paul Klee oder Max Ernst und den sensiblen Oberflächen der informellen Malerei der 50er Jahre wurde von seinen Künstlerkollegen zu allen Zeiten wahrgenommen und geschätzt. Durch sein Interesse für das Abseitige, wie die Kunst von Außenseitern oder das Erkennen des kreativen Potentials von Straßenkunst, hat er bis heute die allgemeine Wahrnehmung verändert. Er schätzt und sammelt solche Werke und prägt für diese ursprünglichen Ausdrucksformen den Begriff »Art Brut«, der bis auf das revolutionäre Potential jedoch nichts mit seiner eigenen, sehr intellektuellen Herangehensweise an die Kunst zu tun hat. Die einstmals schockierende Bildsprache von Graffities und Schmierereien auf Pissoirs oder Häuserwänden findet in seinen Werken zu einer neuen Ästhetik. Das heute so zeitgemäße Verschränken von »high and low culture« findet bei Dubuffet ihren Ausgangspunkt.

Material-Vielfalt

Nach mehreren Anläufen wendet sich Dubuffet Mitte der 40er Jahre endgültig der Kunst zu. Die Ausstellung setzte mit Arbeiten dieser Jahre ein und führte mit signifikanten Gruppen seiner verschiedenen Werkphasen durch das gesamte Oeuvre. Zu den figurativen Anfängen seiner Marionettes de la ville et de la campagne gesellten sich alsbald aus Sand, Gips und Teer gespachtelte, geknetete, geradezu »gekochte« Materialbilder. Sie zeigen die Menschen aus Paris und nach seinen Sahara-Reisen auch aus der Wüste. Die geradezu gewalttätig aufgewühlten Leiber seiner Corps de dames markieren mit ihren sensiblen Oberflächenstrukturen einen Übergang zu den völlig ungegenständlichen aber konkreten »Texturologies« und »Matériologies«. Diese zellenartigen, manchmal mikroskopisch anmutenden Célébrations du sol verwandeln sich nach der Rückkehr des Künstlers von der Côte d’Azur nach Paris ab den 60er Jahren zu grell leuchtenden Bildern des »Paris Circus«. Nun erst beginnt in den Augen von Dubuffet erst seine abstrakte Phase: Der Künstler erfindet nach seinen Materialitäten nun eine geistige Welt, die ausschließlich aus den Farben Rot und Blau und den Unfarben Weiß und Schwarz besteht. Diese virtuelle Welt des Hourloupe wird mit der Zeit konsequent dreidimensional, begehbar und schlussendlich sogar mit Schauspielern in Coucou Bazar bevölkert. In den 70er Jahren collagiert der Künstler in einer Art Rückschau auf das eigene Werk ein Théâtres de mémoire. Ehe sich in den letzten Lebensjahren seine Welt in Sites (Gegenden), Mires (Blickpunkte) und schließlich Non-lieux (Nicht-Orte) auflöst.

Kunst muss den Geist anrempeln um ihn in Bewegung zu versetzen

Die Ausstellung zeigte Schlüsselwerke all dieser Phasen und verdeutlichte die organische Entwicklung, die das Werk Dubuffets von Figuration zur Abstraktion und wieder zurück zur Figuration durchzieht. Immer wieder hat Dubuffet gefordert, »Kunst müsse den Geist anrempeln um ihn in Bewegung zu versetzen«. Er gibt dieser Forderung Ausdruck in unverbrauchten Medien und ungewohnten Formen innerhalb seines Schaffensprozesses. Dabei geht es ihm vor allem darum, das Andere und Neue realisierbar werden zu lassen.

Ausgehend vom selten gezeigten Bestand der Sammlung Viktor und Marianne Langen, der größten Jean Dubuffet Sammlung in Deutschland, war es der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung gelungen, mit intensiver Unterstützung der Fondation Dubuffet in Paris, eine Auswahl zu treffen, welche das gesamte Schaffen des französischen Künstlers vorgestellt hat. Wichtige Leihgaben aus Museen wie dem Centre Pompidou, dem Musée des Arts décoratifs Paris, der Neuen Nationalgalerie in Berlin und zahlreichen Museen, Galerien und Privatsammlungen aus ganz Europa konnten für die Ausstellung gewonnen werden.

Vorangegangen war der Münchner Ausstellung eine wesentlich kleinere Präsentation in der Langen Foundation in Neuss. Diese erste Einzelschau setzte mit ca. 50 Gemälden Dubuffets den Akzent auf wichtige Arbeiten aus der Sammlung Viktor und Marianne Langen.

Nach der großen Retrospektive in München wurden vom 29. September 2009 bis 10. Januar 2010 insgesamt 30 ausgewählte Gemälde und Papierarbeiten aus einigen Schaffensphasen im Museum Lothar Fischer in Neumarkt gezeigt. Dort traten sie mit den Werken des Münchner SPUR-Künstlers Lothar Fischer, der Dubuffet kannte und sein Schaffen außerordentlich schätzte, in einen Dialog.

Im Literaturhaus München wurde zeitgleich zu der Ausstellung in der Münchner Kunsthalle die Ausstellung »Jean Dubuffet – Leben und Bücher« gezeigt. Im Mittelpunkt standen dabei seine Künstlerbücher, die ihn gleichermaßen als Dichter, Zeichner und Schriftsteller ausweisen.

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